Lea Schröder | 17. Mai 2021
Ich selbst würde diese Frage eigentlich mit „Ja“ beantworten. Ich habe bereits auf verschiedenen Kontinenten in Familien gelebt und bin mit Menschen verschiedenster ethnischer Herkunft sowie sexueller Orientierung befreundet. Somit müsste ich doch ein diverses Mindset haben und vorurteilsfrei sein. Der Implizit Association Test belehrt mich jedoch eines Besseren. Demnach bin ich keineswegs vorurteilsfrei. Doch wie genau kommt es dazu, dass wir glauben vorurteilsfrei zu sein, obwohl wir es nicht sind?
Unser Gehirn unterscheidet zwischen dem Gewohnten und dem Ungewohnten. Wird etwas als ungewohnt und somit unerwartet eingestuft, weil es außerhalb unserer Norm liegt, reagiert unser Gehirn bzw. unsere Amygdala mit Stress auf die Situation. Diese instinktive Reaktion war für uns früher überlebenswichtig. Sie half uns zwischen Flucht und Kampf zu entscheiden und somit schnell reagieren zu können, wenn wir bspw. einem Bären gegenüberstanden.
Heute wird dieser Reaktion immer noch in uns ausgelöst, und zwar mitunter dann, wenn wir jemanden Begegnen, der nicht unserer „Norm“ entspricht. Diese Reaktion läuft so schnell ab, dass wir keine Chance haben uns bewusst zu machen, dass wir eigentlich glücklich sind, dass eine Frau CEO eines technischen Unternehmens sein kann. Oftmals werden diese Personen dann als Bedrohung wahrgenommen oder sind für uns unsichtbar.
Der wichtigste Punkt, um dem entgegenzuwirken ist es sein eigenes Verhalten zu hinterfragen. Gleichberechtigung scheitert oft daran, dass wir glauben, dass wir alle gleichbehandeln, wenn wir es in Wirklichkeit nicht tun. Wir sollten uns also stets die Frage stellen, ob wir uns genauso Verhalten würden, wenn diese Person Teil unserer Ingroup wäre und somit unserer „Norm“ entsprechen würde. Liegt eine Diskrepanz in unserem Verhalten vor, sollten wir unser Verhalten ändern.
Wir können unsere Reaktionen auf unerwartete Situationen nicht bewusst kontrollieren, aber wir können dafür sorgen, dass diese zu Erwarteten Situationen werden und somit keine unbewussten negativen Reaktionen hervorrufen. Dies können wir erreichen, indem wir bestimmte alltägliche Situation, in die wir uns begeben werden, im Vorhinein visualisieren. Egal welches Bild dabei auftreten mag, wir ändern es. Dadurch schaffen wir uns neue Möglichkeiten. Außerdem ist es wichtig, dass wir, wenn wir uns in eine unerwartete Situation begeben, wir den Mut haben unser eigenes Verhalten zu hinterfragen.
Schlussendlich sollten wir alle anfangen unerwartete Situationen, die es nicht geben müsste, zu ändern und in erwarteten Situationen zu transferieren. Wir sollten also anfangen bei der Personalauswahl, bei Wahlen, bei der Beförderungen…, darauf zu achten die Person zu wählen, die diese Position verdient hat und gleichzeitig auch noch unsere eigene „Norm“ herausfordert. Es ist sicherlich für uns alle nicht einfach, aber schon dadurch, dass wir uns bewusst machen, dass keiner von uns vorurteilsfrei ist, ist schon ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung getan.
Link zum Implizit Association Test: https://implicit.harvard.edu/implicit/takeatest.html